Vera Ida Müller Brüder 4, 2011

"Brüder 4" ist ein Teil der Werkgruppe "Stillstand" von 2009. Vera Ida Müller versammelt durch Überlagerungen von fotografischen Vorlagen fünf Männer auf der Leinwand. Ihre Identität bleibt durch die uniforme Kleidung wie auch die kaum erkenntlichen Gesichter verborgen. Die Treppe als Ort der Zusammenkunft hat eine transitiven Charakter. Überhaupt scheint es in dem Gemälde keine Sicherheiten  zu geben. Der Ort ist in seiner Farbgebung düster, die Formen verschwommen, die Menschen sind anonym und ihre Beziehung zueinander bleibt offen. Sowohl das Motiv als auch die formal-ästhetische Sprache lassen den Betrachter im Unklaren. Es ist die Momentaufnahme einer Krise, erst die nächsten Schritte können dem Bild Klarheit verleihen.

Pandora Sarasin COMEAROUND, 2011

Die Künstlerin Pandora Sarasin arbeitet seit 2001 mit den Medien Fotografie und Skulptur. Dabei setzt sie sich mit Ritualen des Kollektives und Individuums auseinander. Das Sterben und der Umgang damit stehen im Zentrum ihrer neuen Arbeit "Comearound". Mit einem eigenen Verfahren stellt sie Menschen nach ihrem Ableben aus ihrer eigenen Asche wieder her. Die Abbildung einer Person aus ihrer eigenen Restsubstanz stellt eine ungewöhnliche Ebene in der Entwicklung der Plastik dar. Die Plastik überschreitet die Grenze der Abbildung durch Abstraktion und nutzt die transformierte Medialität um zur Vorlage zurück zu kehren. 

Kerim Seiler Pneuma, somnambul, 2007

"Pneuma, somnambul" ist eine flexible architektonische Struktur aus Tannenästen, Pfählen und bunten Neonröhren, der das Tetraeder als Grundelement dient. Seiler zeigte die Installation bereits in den verschiedensten Winkeln der Erde. In Abhängigkeit von den lokalen Gegebenheiten nimmt das Gebilde aus Holz und Neonröhren jedesmal eine neue Form an. Dabei strukturiert die Installation ihre Umgebung neu und legt durch ihre Präsenz der Landschaft ihren eigenen Charakter auf. In der aktuellen globalen Umbruchsphase steigen gesellschaftliche Strukturfragen zu dringlichen Themen der Zeit auf. Seiler schafft es mit "Pneuma, somnambul" diese abstrakten Sachverhalte auf einer strukturellen Ebene eigenwillig zu visualisieren und zu thematisieren.

Dominik Wullimann Geister und Gegengeister, Inkjet auf Euronoten, 2011

"Eigentlich wollte ich im Jubelrausch die Zeitung abbestellen und die Welt einstampfen auf dass der Teufel rauskommt und den Staub für wohltätige Zwecke spendet, es sind ja nicht alle Menschen reich. Doch jetzt fliehen Freiheit und Wohlstand zusammen mit der Fernbedienung, einfach weil man es ihnen erlaubt. (...) Früher ging es uns gut, aber jetzt schmuggelt sich die Vergangenheit durch die Hintertür und stellt ungefragt einen Gurkensalat auf den Tisch. (...) Es fehlt mir noch die Erfahrung des Zusammmenbruchs, aber ich weiss, in der Krise sind es Grossvieheinheiten die zählen."

Saskia Edens Contact Print, 2011

In einem eruptiven Akt spritzt die Künstlerin flüssiges Aluminium auf Gegenstände. Diese Geste ist ein wesentlicher Bestandteil dieser Arbeit. Anders als in der traditionellen Herstellung von Metallplastiken hat der Umgang mit dem Material, flüssiges Metall zu schleudern, eine performative Dimension. Wenn Edens flüssiges Aluminium anwendet, geht es ihr darum, dass zwei Materialen in Kontakt treten und dass sich eines davon Form und Textur des anderen aneignet. Die neu entstandene Oberfläche zeugt von der Gewalt des Aufeinandertreffens. Die kühle Ästhetik der skelettartigen Objekte erinnert an Endzeitvisionen und hinterlässt ein unsicheres Gefühl von Gewalt, Zerstörung und Entstehung.

Celia und Nathalie Sidler the fat day or what remains of it, 2012

Die Zwillinge Celia und Nathalie Siedler setzen sich in ihren Arbeiten mit der Lebensmittelwelt auseinander. Das dargestellte Bergrelief des Oberengadins ist aus Fettstoff hergestellt. Fett wird zur Metapher von Überfluss, Reichtum und der damit in Zusammenhang stehenden Ausbeutung natürlicher Ressourcen und Rohstoffe der Erde. Das Konzept der Ausstellung selber, wird zum Ausgangspunkt und zur existentiellen Bedingung des Objekts. Wird es zu warm, fängt das Relief an zu schmelzen und wird ranzig.

Voodoo Chanel The mystic tranceformator, 2011

Voodoo Chanel präsentiert eine Grotta da Cultura  für die Vereinigung von Kulten: we do the voodoo that you do. In diesem Temple of Love wird die Vereinigung und gegenseitige Durchdringung diverser Kulte praktiziert. Der MYSTIC TRANCEFORMATOR speist sich zum einen aus der Energie, die durch die Anordnung der Fetische im Raum entsteht, zum anderen aus deren Ausstrahlung, deren Charisma. Gepaart mit unserem Wissen über the Magic of kleine Räume ist der TRANCEFORMATOR ein Experiment, um die orgiastische Potenz heraufzubeschwören. Das Nebeneinander von Vertrautem und Unbekanntem – optisch und formal in der selben Form – soll den Tempelbesucher oder Kunstliebhaber oder das Fashion Victim gleichermaßen herausfordern und  entspannen, so dass der MYSTIC TRANCEFORMATOR seine Wirkung auf den Besucher entfalten kann. Neben Fetischen der westlichen Welt in Form von Statussymbolen werden auch Fetische aus anderen religiösen und spirituellen Praktiken verwendet, ebenso sind traditionelle, regionale Einflüsse aus Samedan vertreten. Die grafischen Elemente sind eine Kombination aus Vévés (grafische Voodoo-Symbole) und traditionellen Sgraffiti.

 

Géraldine et Tizian Time is changing, 2012

Géraldine et Tizian nehmen in ihrer installativen Arbeit "Time is changing" die nächste Eiszeit vorweg. Wie in Eis erstarrt stehen sich der Hase und der Fuchs gegenüber. Die Künstler nennen das die Kyrostase der ewigen Jagd. Fuchs und Hase stehen hier symbolisch für den erstarrten Zustand der Jäger-Beute-Beziehung. Taut das Eis, beginnt die Jagd. Oder wird die momentane Eisstarre einen unerwarteten Paradigmenwechsel herbei führen? Wagt der Hase die Revolte und dreht die Beziehung von Jäger und Gejagten? Könnten die einstigen Feinde gar als gleichgestellte Partner dem Eis entspringen?

 

 

Anna Nitchaeff Polarlichter, Mischtechnik 2012

Die Motive der Postkartenserie "Polarlichter" sind unmögliche Panoramen. Es handelt sich um fiktive Welten aus Monumenten und Naturphänomenen verschiedenster Regionen und Epochen. Sie werden von Anna Nitchaeff als digitale Fotocollage mit malerischen Elementen auf absurde und unerwartete Weise verknüpft. Die Monumente sind geistiges Allgemeingut einer kulturbewussten Schicht. Durch ihre mediale Omnipräsenz werden sie nicht mehr hinterfragt sondern als solche hingenommen. Ihre Bedeutung erlischt mit dieser Haltung zusehends. Mit der Präsentation der Ansichtskarten in einem Postkartengestell schürt die Künstlerin die Frage nach Sinn und Funktion der dargestellten Kulturgüter. Sind sie heute gar nur noch Klischees der Tourismusindustrie? 

Mirko Baselgia  

DEMOKRATIA, 2011

democratic grid - athen, 2011